MARTIN KRATOCHWIL
über meine Musik
Im Auf und Ab meines Lebens als Projektnomade, pendelnd zwischen Song-,
Theater-, Electro- und Improvisationsereignissen, ist die Bewegung
bestimmendes Element. Manchmal geradlinig, oft umwegig, gestaltet sich
meine Laufbahn als ein Unterwegssein, geprägt und immer wieder in
ungeahnte Richtungen gelenkt durch Begegnungen und über die Musik
hinausgehende Beschäftigungsgebiete.
Wiederholte Zusammenarbeit mit nahen KünstlerInnen und Ensembles schafft
temporäre Verankerung. Es entsteht so etwas wie Beheimatung auf Zeit,
was ich als Freiberufler sehr schätze.
Nach Abschluß einer Musikausbildung entschied ich mich zunächst
für den Beruf des Tänzers. Die Auseinandersetzung mit dem eigenen
Körper als Ausdrucksmedium faszinierte und inspirierte mich. Ich stieß
zum Tanztheater Homunculus, wo ich als Darsteller und Tänzer, später als
Haus- und Hofkomponist tätig war.
Kompositionen
Als ich mich nach 12 Jahren intensiver Tanzarbeit wegen einer
Knieverletzung vom Tanzen zurückziehen mußte, begann meine
Beschäftigung mit elektronischer Musik. Erste Kompositionen mit
Sampler und Synthesizer entstanden. Doch blieb ich dem Theater verbunden.
Ich stellte meine Kompositionen in theatrale Zusammenhänge. Erste
Arbeiten für Homunculus entstanden. Aufträge von anderen Ensembles
und erste spartenübergreifende Arbeiten folgten.
Songs
Im Gegensatz zu meinen abstrakten Kompositionen, in denen ich
bestrebt bin, in einer Art Laboratorium erstellten Sounds
unterschiedliche Energiezustände abzugewinnen und damit dynamische
Spannungsverläufe zu inszenieren, geht es bei der Arbeit an Songs
in erster Linie um den emotionalen Kontext. Die Herausfordeung liegt in
der Fähigkeit, in den wenigen Minuten der Dauer eines Songs ein bestimmtes
Feeling spürbar zu machen und einer Hörerschaft zu vermitteln.
Die Begegnung mit der Sängerin Lilian Fritz brachte mich wieder mit
dem Klavier in Berührung. Die Beschäftigung mit diesem
Instrument erwies sich als ideale Ergänzung zu den elektronischen
Arbeiten. Eine intensive Auseinandersetzung mit der Songthematik
nahm seinen Anfang und zahlreiche Songs entstanden in Teamarbeit.
Zentrales Anliegen bei der Zusammenarbeit mit der Chanteuse und
Entertainerin Lucy McEvil ist die eigenwillige Interpretation von
mehr oder weniger bekannten Songs. Mit Arrangements, die oft vom
Original stark abweichen, wird ein sehr persönlicher Blickwinkel
auf vorhandenes Songmaterial geworfen.
Live-Elektronik
Nicht die Komposition als abgeschlossene Form, sondern das
momentbezogene Spiel mit Klang- und Geräuschmaterial steht im
Mittelpunkt. Die Unmittelbarkeit dieses spontanen Tuns und Reagierens
empfinde ich als besonders spannend. Ich benutze ein Sammelsurium
an elektronischen Klangerzeugern und Effektmaschinen und verzichte
weitgehend auf den Laptop, der mir als Bühneninstrument nicht attraktiv
genug erscheint.